Rüdiger Plantiko

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Abnehmen ist nicht schwer. Wann immer ich vorhatte, mein Gewicht auf einen gewünschte niedrigeren Wert zu reduzieren, beachtete ich für einige Wochen lang einige Grundregeln, von denen ich einen Grossteil dem Buch Die Scarsdale-Diät von Herman Tarnower und Samm Sinclair Baker entnommen habe. Die Scarsdale-Diät gilt mittlerweile als Klassiker unter den Diäten – das aus dem Jahr 1978 stammende Buch ist jedoch vergriffen. Man kann es nur noch antiquarisch erhalten oder in Bibliotheken ausleihen. Im Gegensatz zu anderen Diäten, die kurzfristige, einseitige Ernährungsumstellungen verlangen (nach dem Motto "Sie dürfen drei Wochen nur noch Schokolade essen und sonst nichts"), ist es das Ziel von Scarsdale, nicht nur in der Diätphase das Gewicht zu reduzieren, sondern das reduzierte Gewicht danach auch zu halten. Das geht natürlich nur durch Änderung der Ess- und Bewegungsgewohnheiten.

Ich befolge die Anleitungen dieses Buches nicht sklavisch, sondern habe mir einige Punkte herausgenommen, die ich für wichtig halte. Eigentlich bräuchte man auch gar kein Buch dafür, sondern nur den gesunden Menschenverstand und ein paar minimale Grundkenntnisse darüber, wie der Stoffwechsel funktioniert. Ein ganz billiger und trotzdem völlig wahrer Satz ist z.B.: Wenn mein Gewicht über längere Zeit konstant bleibt, decken die mit der Ernährung aufgenommenen Kalorien genau den Energiebedarf des Körpers. Esse ich mehr, nehme ich zu – esse ich weniger, nehme ich ab. Statt weniger zu essen, könnte man auch den Grundumsatz des Körpers erhöhen: Man nimmt auch ab, wenn man zwar gleich viel Nahrung wie bisher aufnimmt, aber sich regelmässig mehr bewegt. Am besten ist natürlich die Kombination von beidem. Im Prinzip erhöht jede Art von Bewegung den Grundumsatz. Besonders zum Abnehmen geeignet sind aber Bewegungen, die den aeroben Mechanismus der Energiebereitstellung verwenden, wie Laufen, Schwimmen oder Velofahren.

Hier nun meine Grundsätze:

  • Die wichtigste Regel ist natürlich: Einfach weniger essen! Das geht so: Das Zwischendurch-Essen zwischen den Mahlzeiten einstellen. Keine Impulskäufe wie den Schokoriegel am Kiosk. Bei den Mahlzeiten selbst nicht bis zur Völle essen, sondern nur soviel, dass ein leichtes Hungergefühl übrigbleibt. Wenn du auch nur überlegst "Nehme ich noch Nachschlag oder nicht", dann lass es.
  • Mit einer genauen, wenig schwankenden Waage, zu einem festgesetzten Zeitpunkt im Tageslauf, z.B. morgens nach dem Aufstehen, das Gewicht messen und aufschreiben. Die Zahl zeigt Erfolg oder Misserfolg der Ernährung der letzten ein bis zwei Tage an. Man soll sich nicht frustrieren lassen, wenn nach dem Anfangserfolg des Entwässerns das Gewicht nicht mehr so schnell heruntergeht oder sogar ein oder zwei Tage wieder steigt. Erst danach beginnt die eigentliche Reduktionsphase.
  • Das Essen ist auch etwas Psychologisches. Man möchte etwas in sich aufnehmen. Das kann die verschiedensten Gründe haben, nicht nur den Hunger selbst. Nicht zuletzt ist es auch Gewohnheit. Um sich den Übergang zu erleichtern und doch zwischendurch etwas essen zu können, kann man sich einen Vorrat von Karotten- oder Kohlrabistückchen im Kühlschrank anlegen. Wenn es nur darum geht, etwas in sich aufzunehmen, tun es vielleicht auch ungezuckerte Getränke wie Kaffee, Schwarz- oder Kräutertee. Zucker muss man natürlich weglassen. Süsstoffe sollte man meiden, da sie gesundheitsschädlich sind.
  • Der Anteil von Fetten und einfachen Kohlehydraten (vor allem Kristallzucker und Traubenzucker) in der Nahrung sollte stark reduziert werden, da wir normalerweise viel zu viel davon verzehren, genau diese Nahrungsbestandteile aber sehr schnell ins Blut gelangen, von wo aus Überschüsse dann in den Fettdepots abgelagert werden. Im Scarsdale-Buch gibt es einige schmackhafte Rezepte, die ein günstiges Verhältnis Eiweiss : Fett und einfachen Kohlehydraten haben. Man kann das aber anhand der Nährwertangaben auf den Verpackungen leicht selbst kontrollieren.
  • Butter sollte man sparsam verwenden, am besten ganz vermeiden. Margarine ist aus Kaloriengesichtspunkten nicht besser. Für Diäten gibt es mit Verdickungsmitteln gestreckte Butter, die bei deutlich niedrigerem Fettanteil geschmacklich nahe ans Original herankommt. Ich habe allerdings bemerkt, dass man auch Magerquark ganz gut als Butterersatz verwenden kann.
  • Fleisch und Fisch muss man nicht in Öl oder Butter braten. Man kann stattdessen auch ein wenig Wasser verwenden.
  • Fleisch und Fisch: Es sollten jeweils Sorten verwendet werden, die fettarm sind, z.B. Pouletbrust oder Seelachs (Dorsch).
  • Statt Milch, Quark und Joghurt sollten die entsprechenden fettreduzierten Produkte - Magermilch, Magerquark und magerer Joghurt - gewählt werden. Sahne entfällt natürlich völlig. Joghurt mit Zusätzen entfällt ebenfalls: Diese Zusatze sind fast alle masslos gezuckert. Wenn es Zusätze sein sollen: Zu Quark passen Schattenmorellen ganz gut (ohne Zuckerzusatz), Joghurt kann man auch mit einer Banane oder einer Kiwi essen.
  • Obst und Gemüse enthalten ein paar nützliche Vitamine und Spurenelemente, vor allem aber sind sie relativ kalorienarm. So kann der Kalorienanteil einer Mahlzeit bei gleichem Gesamtgewicht und damit gleichem Sättigungsgefühl reduziert werden, indem man einfach den Anteil von Obst und Gemüse erhöht.
  • Was nicht geht: Pizza (zuviel Käse -> Fett), Räucherlachs oder -makrele, Avocado, Halbrahm, Mayonnaise, Creme Fraiche, Speck, mit Fett "durchwachsenes" Fleisch, bei den Süssigkeiten sind Schokolade und Marzipan absolutes No-Go. Andere Süssigkeiten wie Marmelade, Fruchtgummi und Bonbons schaden zwar den Zähnen, sind aber nicht so schlimm, wenn man die Menge kalorienmässig kontrolliert. Bei Fleisch und Schinken das sichtbare Fett entfernen. Wurst enthält häufig zu viel Fett und Kristallzucker (!). Schwartenmagen, Zunge, Kochschinken sind okay, Käse dagegen darf nur in kleinen Mengen konsumiert werden - Ausnahme: Harzer Roller. Im Zweifel Kalorientabelle befragen.
  • Erlaubte Desserts: Obstsalat (aus frischen Früchten ohne Zuckerzugabe zubereitet, und nur wenig Ananas), Quark mit frischen Früchten, Joghurt mit frischen Früchten.
  • Tägliche Bewegung. Wenn gar nichts anderes geht, sollte immer noch ein 30minütiger Spaziergang vor dem Schlafengehen möglich sein. Zwei- bis dreimal wöchentlich eine Ausdauersportart (Laufen, Schwimmen, Velofahren) lässt sich ohne viel Aufwand auch nach der Diät noch weiter fortführen.
  • Die berühmten "Sünden" sind möglich und hin und wieder unvermeidlich (etwa bei einer Einladung), müssen aber unter Kontrolle bleiben und sollten durch Extra-Bewegung und/oder einige noch weiter reduzierte Mahlzeiten kompensiert werden.
Die Aufmerksamkeit auf die Ernährung zu wenden, ist eigentlich etwas Aussergewöhnliches. Ideal sollte es mit der Ernährung wie mit der Atmung sein: Sie läuft aus der Gewohnheit heraus einfach weiter. Wenn man nach den obigen Regeln für ein paar Wochen seine Aufmerksamkeit aufs Essen richtet, gehen einige dieser Regeln in die Gewohnheit über. Dadurch hat man nach dem Reduktionsziel auch sichergestellt, dass das Gewicht erhalten bleibt. Eine Diät darf niemals nur auf die Reduktionsphase allein gerichtet sein.
Veröffentlicht: Samstag, den 23. Juli 2011