Rüdiger Plantiko

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"Ich habe die Bombe nicht gebaut. Ich habe nur gezeigt, dass es sie gibt", sagt der SocialMedia-Forscher Kosinski mit leiser Stimme über seine Forschungen zur zielgruppenspezifischen Werbung. Die "Tagi"-Redakteure halten den Atem an. Leise und unbescheiden vergleicht sich hier ein Werbepsychologe mit dem grossen Atomphysiker Otto Hahn: obwohl Hahn nicht am Bau der Atombombe beteiligt war, hatte seine Entdeckung der Kernspaltung dieser den Weg geebnet und somit den Gang der Weltgeschichte verändert.

Es ist natürlich mega-cool, die eigenen Forschungen über Werbebriefe und Werbung mittels Facebook-Posts ähnlich weltgeschichtlich bedeutend zu finden wie die Entdeckung der Kernspaltung. Aber ist es auch wahr?

Ist es wirklich so revolutionär? Die Idee, für eine Sache oder ein Produkt zu werben, ihre Vorteile zu preisen, ihre Nachteile unbeleuchtet zu lassen oder kleinzureden, und diese Werbung möglichst auf die Zielperson anzupassen, ist so alt, wie es Menschen gibt. Dass Werbung für eine Sache betrieben wird, natürlich auch politische, ist etwas Selbstverständliches und überhaupt nichts Neues.

Neu ist nur, dass diese Werbung nun auch mit Rechnerunterstützung grossflächig und dabei doch zielgruppenspezifisch gemacht werden kann. Das ist zwar technisch imponierend, aber kein Unterschied wie Tag und Nacht zu der bisherigen medialen Propaganda: Fernsehen und etablierte Medien haben stets nicht nur Fakten, sondern auch die Bewertung der Ereignisse im herrschenden Narrativ mitgeliefert. Auch dann, wenn sie vorgaben, neutral zu berichten, hatten und haben sie also einen "Bias". Durch das Internet und soziale Medien hat sich die Möglichkeit eröffnet, der medial vorherrschenden Propaganda etwas entgegenzusetzen - was zunächst mal zu begrüssen ist.

Das Establishment, geschockt von Brexit und Trump, sucht schon seit Monaten nach Schuldigen für diese Entscheidungen des Souveräns. Dahinter steht natürlich auch der Wunsch, diese Entscheidungen nicht anzuerkennen und zu diskreditieren, weil sie ihnen gewaltig gegen den Strich gehen. Zuerst wurden die "alten weissen Männer" bemüht, die "Abgehängten", die "Globalisierungsverlierer" u.ä. Nachdem dies auch im eigenen Lager von vielen als zu platt und hetzerisch empfunden wurde, machte man sich auf die Suche nach anderen Schuldigen.

Inzwischen hat man sich auf "Fake News" und "Social Media" als Ursache eingeschossen.

Jede Erklärung ist ihnen recht, ausser der einen, naheliegenden: grosse Teile des Volkes wünschen einen Kurswechsel, weg von Globalismus, weg vom Interventionismus, von diesem hektisch vorangetriebenen Weltmenschentum. Die Völker wünschen mehr Ruhe, Besinnung auf das Eigene, wollen die volle nationale Selbstbestimmung, die eigenen Regeln innerhalb der eigenen Grenzen; die Existenz und Erhaltung des Eigenen: des eigenen Volkes, der Familienzusammenhänge, ihrer eigenen Religion: dass diese Zusammenhänge wenigstens in der überwiegenden Mehrheit intakt sind und gesellschaftlich bejaht werden, ist immerhin die Voraussetzung für alles andere, was sich über diesen Zusammenhängen wölbt: für unsere Zivilisation, die Menschenrechte, unsere Form von Demokratie usw.

Linke und Medienleute sollten auch einmal ihr Menschenbild überprüfen: der Mensch ist nicht eine beliebig durch Werbung und Manipulation programmierbare Maschine. Das ist das Menschenbild der Behavioristen (Skinner &co.) und Sozialingenieure, aber z.B. nicht meines - ich halte das behavioristische Weltbild für grundfalsch. Ja, der Mensch ist beeinflussbar und auch erziehbar - aber nicht beliebig, sondern nur innerhalb gewisser Grenzen. Menschen sind keine konditionierbaren Ratten (dies habe ich an anderer Stelle bereits den Kämpfern gegen den Hass ins Poesiealbum geschrieben).

Wenn die eigenen Parteien an den Urnen versagen, liegt es also nicht automatisch daran, dass der Konkurrent die gewiefteren Werbetechniken eingesetzt hat - die einzige Erklärung, die das Skinnersche Menschenbild dafür hergibt. Und wenn wir in diesem Menschenbild bleiben, waren sie nur die ersten, die mit dieser neuen Technik arbeiteten, die ja jedem Lager, jeder Partei offensteht: ich bin sicher, dass das Soros-NGO-Imperium nun hastig alle Hebel in Bewegung setzen wird, um die eigenen politischen Ziele mit diesen neuen Techniken zu vermarkten.

Die erste und naheliegende Annahme müsste doch sein, dass das Abstimmungsergebnis tatsächlich den Wählerwillen darstellt (und nicht, dass ein fieser Gegenspieler die Menschen anders programmiert hat als es im eigenen Sinne zweckmässig und richtig wäre)! Der Wille des Wählers wäre erst einmal ernstzunehmen: es wäre davon auszugehen, dass die globalistischen Ziele des Establishments von vielen als utopisch, menschenfeindlich, völkerfeindlich und zerstörerisch für Demokratie und für die eigene Kultur angesehen werden und der Wähler hier einen Kurswechsel wünscht.

Wenn wir schon beim Bild der Bombe bleiben, so ist die zielgruppenspezifische Werbung keine Atombombe, sondern eher eine Stinkbombe, wenn auch zugegeben mit einiger Breitenwirkung. Sie verbreitet Gerüche (auch mal Gerüchte), die viele Menschen emotional beeinflussen. Die rechnerunterstützten Stinkbomben funktionieren etwas besser als die bisher mittels Presse und Fernsehen verbreiteten. Sie sind ein neues, effizienteres Werbemittel, mit dem man nun, da es existiert, überall zu rechnen hat. Es mag sein, dass Trump diese Methoden gezielt eingesetzt hat, aber man kann nicht mit Breitenerfolg für etwas Beliebiges werben, sondern nur für etwas, wozu es auch eine Bereitschaft im Zielpublikum gibt. Natürlich, ein paar Dumme lassen sich auch Kieselsteine für viel Geld aufschwatzen. Aber dass Trump und Brexit grossflächig Erfolg hatten – das hat der politisch-mediale Komplex sich selbst zuzuschreiben: die Menschen wurden nicht Opfer irgendwelcher Rattenfänger, sondern haben ganz einfach genug von euren globalistischen Projekten.

Und für seine Ansichten mit den neuen rechnerunterstützten Methoden zu werben: nun, auch dieser Weg steht jetzt jeder Partei offen.

Veröffentlicht: Montag, den 5. Dezember 2016